Sanierung des Geländes einer ehemaligen Kettenfabrik

Die von 1877 bis 1990 betriebene ehemalige Kettenfabrik war überwiegend mit der Produktion von Metallhalbzeug und kleineren Metallspezialteilen beschäftigt. Seit dem Konkurs der Kettenfabrik im Jahr 1990 standen das Gelände (11.300 qm) und die gesamten Gebäude (33.200 cbm umbauter Raum) leer.

 

Die Gebäude gliederten sich in einen langgestreckten 3-4 geschossigen Komplex, an den sich eingeschossige Fabrikationshallen mit Sheddächern und 2-3 geschossige Verwaltungs- und Wohngebäude anschlossen. Die Gebäudeteile bestanden vorwiegend aus Ziegelmauerwerk und Stahl bzw. Stahlbetontragkonstruktionen.
Der Untergrund war charakterisiert durch eine bis zu 2,5 m mächtige Auffüllung aus Erdaushub mit wechselnden Anteilen von vorwiegend Ziegelbruch, Aschen, Schlacken und Abfällen. Darunter standen Tallehm und Flussterrassenablagerungen an. Die Grundwasseroberfläche lag bei 2,0 bis 3,5 m unter der Geländeoberfläche.

 

Untersuchungen verschiedener Ingenieurbüros aus den Jahren 1991 bis 2002 ergaben, dass durch die industrielle Tätigkeit im Bereich der Betriebsstätten der ehemaligen Metallentfettung und Galvanik sowie der Oberflächenbehandlungsanlagen deutliche Kontaminationen des Bodens und des Grundwassers durch leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (LHKW) und durch Schwermetalle (v.a. Chrom(VI), untergeordnet Nickel, Zink und Kupfer) eingetreten waren. Die LHKW sind auf die Verwendung von lösemittelhaltigen Zubereitungen bei der Entfettung der Metalle zurückzuführen, die Schwermetalle stammen in besonderem Maße aus dem Umgang mit Metallsalzlösungen während der Oberflächenveredelungsprozesse der Metallhalbzeuge.

 

Die Grundwasserkontamination durch LHKW (Gehalte bis zu 12.000 µg/l)) und eine Kontamination der Bodenluft (Gehalte bis zu 958 mg/cbm) stellten einen Schaden dar, der von den Ingenieurbüros und den Fachbehörden als dringend sanierungsbedürftig bewertet wurde. Aufgrund dieser Gefahrenbewertung wurden in 2001 Gefahrenabwehrmaßnahmen in Form einer Bodenluftabsaugung, einer Herdsanierung und einer nachlaufenden aktiven Grundwasserreinigung mittels Grundwasserförderung und Schadstoffabreinigung veranlasst.

 

Hinsichtlich der vorliegenden Schwermetall-Kontamination (z.B. Chrom(VI)-Gehalte bis 2.530 mg/l im Eluat) wurde die Gefahrenlage in 2001 zunächst dahingehend bewertet, dass ein ausreichender Schutz in Form der bestehenden Versiegelung gegen eine weitere Ausbreitung dieser Schadstoffe bestehe und damit keine direkte Gefährdung für die Schutzgüter Boden und Grundwasser und durch die Wirkungspfade Boden-Mensch und Boden-Grundwasser vorläge.

 

Die in 2002 durchgeführten Grundwassermessungen ergab eine veränderte Situation: Durch den Verfall der Bausubstanz konnte Niederschlagswasser insbesondere über undichte Dächer in die hoch kontaminierten Gebäudeteile eindringen. Dies führte zu erhöhten Sickerwasserraten in den Grundwasserleiter und temporär erhöhten Grundwasserständen und damit zu einer Schadstoffverlagerung aus dem Boden in den Grundwasserleiter.
Der Grundstückseigentümer, ein Bankhaus aus Nordrhein-Westfalen, entschied nach Kenntnis der aktuellen Gefahrensituation, das aus der Insolvenzmasse übernommene und seit über einem Jahrzehnt brachliegende Gelände zu sanieren und neu zu entwickeln. Die gute Lage des nahe dem Ortskern ruhig gelegenen Geländes und die städtebaulichen Rahmenbedingungen ließen die Planung einer hochwertigen Wohnbebauung zu.

 

Für die zunächst erforderliche Kalkulation einer möglichen Wiederverwertung bzw. einer Beseitigung der rückzubauenden Bausubstanz erfolgte eine detaillierte Schadstoffermittlung und in Zusammenarbeit mit der ASCA die Aufstellung eines Entsorgungskonzeptes für die stark unterschiedlich belasteten Abfallfraktionen. Im Rahmen der Konzepterstellung wurde durch die ASCA ein umfangreicher Vorversuch zur chemischen Umwandlung des hochtoxischen sechswertigen Chroms zu dem stabilen und weit geringer umweltrelevanten Chrom(III) durchgeführt. Zur Umwandlung (chemische Reduktion) des Chrom wurden Eisen(II)-Sulfat und Eisen(II)-Chlorid verwendet.

 

Die Versuchsergebnisse belegten, dass ein Teil des Chrom(VI) zu Chrom(III) reduziert werden konnte. Insbesondere bei den höchstbelasteten Proben zeigte sich jedoch, dass die zur Erreichung einer anschließenden geringerwertigen Entsorgung (in nach Deponieklasse III gemäß TA Abf bzw. DepV genehmigten Anlagen) erforderliche Verminderung des Chrom(VI) nicht erreicht werden konnte.
Das abschließende Entsorgungskonzept sah deshalb die Entsorgung der höchstbelasteten Chargen (ca. 900 t) mineralischen Baumaterials in einem untertägigen Versatzbergwerk vor, die anderen Chargen sollten nach entsprechender Separierung geeigneten übertägigen Deponien bzw. bei nur schwacher Belastung geeigneten Verwertungsanlagen zugeführt werden.

 

Aufgrund der vergleichsweise preisgünstigen Konzeption des Rückbaus, der Bodensanierung und der Entsorgungen erhielt die ASCA den Generalunternehmervertrag zur Durchführung der gesamten Rückbau- und Sanierungsmaßnahme.

 

In enger Abstimmung mit dem bauseitig beauftragten Ingenieurbüro erfolgte ein selektiver Rückbau der Gebäudeteile. Aufgrund der örtlich sehr unterschiedlichen Schadstoffsituation wurden zu Beginn der Rückbaumaßnahme Schwarz- und Weißbereiche sowie der jeweils erforderliche Arbeitsschutz (Schutzanzüge, Masken, Filtergeräte, Handschuhe etc.) festgelegt und eine Schwarz-Weiß-Anlage eingerichtet.
Neben der im Rückbau üblichen Separierung unterschiedlicher Baustoffe (Beton, Ziegelmauerwerk, Stahlteile, Glas, Holz, Dachpappe etc.) waren diese weiterhin nach Schadstoffgehalten zu differenzieren. Organoleptisch konnte eine Voreinschätzung anhand von optisch deutlich erkennbaren Metallsalzausblühungen (z.B. gelbe Chromat-Verbindungen) in Teilen des Mauerwerkes der entsprechenden Räume (Chrombäder, Galvanik, Säureraum) erfolgen. Die abschließende Zuordnung zu Entsorgungswegen erfolgte durch Schnelltests auf der Baustelle und durch Laboruntersuchungen auf die relevanten Parameter Chrom, Nickel, Zink und Kupfer.

 

Die Bodensanierung wurde insbesondere in den Schwarzbereichen kleinräumig im direkten Anschluss an den Rückbau des jeweiligen Gebäudeteils ausgeführt, um eine Schadstoffmobilisierung im Boden durch eindringendes Regenwasser auszuschließen. Es erfolgte ein Bodenaustausch bis zur Grundwasseroberfläche in 2,0 bis 3,5 m Tiefe und die Wiederverfüllung der Aushubbereiche mit Bergkies. Die Zuweisung der Aushubmaterialien zu den Entsorgungswegen fand analog der Verfahrensweise beim Rückbau mittels Schnelltests und Laboruntersuchungen statt.

 

Nach Abschluss der Sanierung war dem Eigentümer über kurze Frist der Verkauf des in mehrere Grundstücke aufgeteilten Geländes möglich. In dem idyllisch an einem bewaldeten Fluss gelegenen Gelände stehen heute mehrere Stadtvillen sowie kleinere Einzel- und Reihenhäuser. Der aufgrund seiner erhaltenswerten Architektur nicht rückgebaute 3-4 geschossige Gebäudeteil soll in naher Zukunft mehrere luxuriöse Loftwohnungen beherbergen.